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: „Wie war denn Wolfsburg gegen Nürnberg?“

Warum der VfL Wolfsburg zu einem großen Nichts verkommen ist und nur noch Schlafattacken provoziert

Da wartet einer freudig auf die „Sportschau“, schaut dann begierig eine Zusammenfassung nach der anderen – und beim Spiel des VfL Wolfsburg nickt er ein. „Wie war denn Wolfsburg gegen Nürnberg?“ – „Weiß nicht, bin ich eingeschlafen.“ Könnte Zufall sein. Müdigkeit. Toter Punkt. Lange Nacht oder Grippe gehabt.

Könnte aber auch an Wolfsburg liegen. An und für sich hat Wolfsburg als Stadt was zu bieten, es gibt viel Kunst und viele VWs. Sogar der ICE hält hier, und der ist bekanntlich etepetete in der Auswahl seiner Stationen. Was Fußball anbelangt, war Wolfsburg einmal Schauplatz einer vorzeitigen Meisterschaft des FC Bayern und in diesem Sommer Schauplatz des Abstiegs von Kaiserslautern. Da immerhin war der Gastgeber so weit involviert, dass er selbst abgestiegen wäre, hätte es nicht Lautern getroffen. Erschütternderweise freuten sich die vergleichsweise zahlreich erschienenen Zuschauer danach nicht einfach und schworen sich, künftig öfter ins Stadion zu gehen und eine gefühlvolle Bindung zum Verein aufzubauen. Nein, Tausende wiegten sich selig zur legendären Fußballhymne „Football’s coming home“. Es war ein selten absurder Moment.

Immerhin war seinerzeit wegen der heiklen Tabellenlage tatsächlich gesteigerte Anteilnahme unter den Wolfsburgern. Es ist ja am leichtesten, Leidenschaft zu wagen, wenn man entweder ganz unten oder ganz oben ist. Ganz oben war Wolfsburg auch schon, da wurde angelegentlich die Tabelle auf der ersten Seite der Lokalzeitung abgedruckt. Außerdem wurde bekannt, dass für die Meisterfeier der Rathausbalkon fehlte. Dann kam die Wirklichkeit heim; die Wolfsburger Wirklichkeit ist Mittelmaß vor leeren Rängen. Bis zur Mitte dieser Hinrunde, vielleicht als Reminiszenz an die vergangene Spielzeit, versuchte sich Wolfsburg weiter als Wettbewerber im Abstiegskampf. Hat aber nicht funktioniert. Seit dem elften Spieltag ist der VfL Achter. Mit zwei Bestmarken: Kein Verein hat weniger Gegentreffer kassiert; leider aber auch kein anderer außer Mainz weniger Tore erzielt. So viel Nichts berührt niemanden.

Der VfL hatte mal den Spielgestalter d’Alessandro und hat noch den Stürmer Klimowicz, der aber diese Saison serienverletzt ist. Anderswo wären beide ziemlich sicher Stars der Liga geworden, sie sind herausragende Fußballer. So ist es anders gekommen.

Einer, der die „Sportschau“ ein bisschen verschlafen hat, guckt noch „Sportstudio“. Ein Reporter erklärt, Wolfsburgs Stürmer Mike Hanke habe vor dem Tor Kunst versucht, sei aber nun mal kein Künstler. Er erklärt es im Fußballblock – wie immer, jedenfalls fühlt es sich so an. Ja, nach fast zehn Jahren Bundesliga ist das Zuhause des VfL Wolfsburg der Fußballblock, die Resterampe jeden Spieltags.

KATRIN WEBER-KLÜVER